Ein Zürcher Gericht verlangt, dass der Rassismus im Dörfli weiterhin bleibt

Damit wird die öffentliche rassistische Diskriminierung Schwarzer Menschen wissentlich gutgeheissen. Die Stadt Zürich hat angedeutet, den noch nicht rechtskräftigen Entscheid nun weiterzuziehen.

Auszug aus dem Gerichtsentscheid BRGE I Nr. 0057/2023 vom 17. März 2023 (noch nicht rechtskräftig):

«[…]Mit der Kontextualisierung kann der historische Hintergrund auch bei offensichtlich rassistischem Bezug erklärt, auf die rassistische Konnotation der Begriffe hingewiesen und die Distanzierung von rassistischen Geisteshaltungen zum Ausdruck gebracht werden. ‹Technische› Gründe, die einer Kontextualisierung, etwa in Form einer Hinweistafel, entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.[…]Unter Berücksichtigung dieser schonenden Alternative und mit Blick auf die oben dargelegten, sich entgegenstehenden Interessen erscheint die Entfernung bzw. Abdeckung der Inschriften und der damit verbundene Eingriff in die Schutzobjekte nicht gerechtfertigt.[…]»

Das Baurekursgericht des Kantons Zürich stellt sich mit seinem Entscheid auf die Seite jener, die Rassismus in der Öffentlichkeit befürworten. Damit wird die öffentliche rassistische Diskriminierung Schwarzer Menschen wissentlich gutgeheissen und durch die dadurch andauernde Aufrechterhaltung gar weiter gefördert. Eine laut dem Gericht akzeptable Lösung wäre z.B. eine Tafel, die auf den Rassismus hinweise und sich gleichzeitig aber davon distanziere, ohne dass dieser jedoch entfernt wird. Das stellt klar ein Zuwiderlaufen der zahlreichen Bemühungen in der Bekämpfung von Rassismus in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten dar. Denn: Der Umgang mit Rassismus kennt keine Kompromisslösungen.

Eine Gesellschaft, die nicht rassistisch sein möchte, wählt keine «Lösung», die letztlich noch immer eine sichtbare rassistische Abwertung von vielen Menschen bedeutet.

Etwas Rassistisches, bei dem erklärt wird, weshalb es rassistisch ist, bleibt weiterhin etwas Rassistisches, wodurch an dem Konstrukt Rassismus und seinen diskriminierenden Strukturen weiter festgehalten wird.

Die Europäische Städtekoalition gegen Rassismus (ECCAR), zu deren Mitgliedern auch Zürich gehört, hält fest, dass Rassismus eine ernsthafte Bedrohung für das friedliche Zusammenleben darstellt.

Racism is a serious threat to peaceful coexistence and exchange between communities that share the same space, and imperils democratic and participatory citizenship.

– European Coalition of Cities against Racism (ECCAR)

Dass ein Zürcher Gericht sich gegen die Entfernung von Rassismus in der Öffentlichkeit und damit für weiterhin sichtbare rassistische Objekte ausgesprochen hat, ist daher sehr besorgniserregend.

Die Stadt Zürich hat angedeutet, den noch nicht rechtskräftigen Entscheid nun weiterzuziehen.

Wir zählen auf die Stadt und darauf, dass die nächste Instanz sich auf die Seite jener stellen wird, die Rassismus bekämpfen, statt dessen Befürworter:innen weiter zu stützen.

Unser Kollektiv setzt sich seit seiner Gründung mit diversen Projekten für eine rassismuskritische und diskriminierungsfreiere Gesellschaft für alle ein. Der jüngste Gerichtsentscheid zeigt einmal mehr auf, dass wir hier wohl noch einen längeren Weg dorthin vor uns haben. Umso wertvoller ist es eine solch wunderbare Community zu haben, die sich seit drei Jahren gemeinsam mit uns gegen Rassismus in der Schweiz stark macht. Wir danken all diesen Menschen von ganzem Herzen!

Ein weiterer Dank gebührt auch den vielen anderen antirassistischen Organisationen, die sich in den unterschiedlichsten Bereichen ebenfalls gegen Rassismus engagieren!

Wir bleiben dran!

Unsere Artikel zum Fall «Rassismus im Dörfli»:

Rassistische Häusernamen im Zürcher „Dörfli“
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– 05. Juni 2020
Zürich und die Sklaverei: Wie geht „angemessen“ gedenken?
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Medienmitteilung: Bald ist Schluss mit Rassismus im Dörfli!
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– 12. April 2021
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– 24. März 2023