Stadt Zürich sagt, Rassismus im «Dörfli» ist offensichtlich – sieht aber keinen Grund etwas zu ändern
Triggerwarnung (Was ist das?)
Während wir noch dabei sind unsere Gedanken und Gefühle in dieser Zeit, wo brutalste Fotos und Videos von rassistisch motivierten Gewalttaten und Übergriffen gegenüber Schwarzen Menschen die Nachrichten prägen, zu sortieren, und dem Thema Rassismus und dem Leiden von Betroffenen nun endlich eine grössere gesellschaftliche Aufmerksamkeit gegeben wird, erhielten wir ein Antwortschreiben von der Stadt Zürich.
Hier geht’s zur Antwort von der Stadt Zürich.
Darin hält Karin Gügler, die Direktorin des Amts für Städtebau fest:
«Der problematische, rassistische Hintergrund der Namen und der Darstellung ist offensichtlich.»
Trotzdem – oder gerade deswegen – möchte die Stadt Zürich aber die rassistischen Häusernamen und das rassistische Wandbild (siehe unseren Artikel dazu) weiterhin bestehen lassen.
Ihre Rechtfertigung dafür liest sich wie folgt:
«Die Hausnamen sind heute ein Hinweis, eine Erinnerung an eine früher selbstverständliche Haltung, von der wir uns inzwischen weit entfernt haben. Indem sie immer noch da sind, können wir uns diesen Weg immer wieder vor Augen führen. Wenn wir sie verschwinden lassen, ist diese Auseinandersetzung nicht mehr möglich. Der aktuelle Rassismus verschwindet deswegen nicht.»
Weiter vergleicht die Stadt Zürich die rassistischen Häusernamen und das Wandbild im Zürcher Niederdorf mit anderen, laut ihrer Aussage, «unbequemen Denkmälern», wie dem Reichsparteitagsgelände der Nationalsozialisten in Nürnberg (Deutschland) oder ehemaligen Konzentrationslager, die, ihrer Meinung nach, für die Vergangenheitsbewältigung auch wichtig seien.
Natürlich teilen wir die Meinung der Stadt betreffend Beibehaltung des Rassismus im «Dörfli» nicht und können das Ignorieren eines – unserer Meinung nach – offensichtlichen Handlungsbedarfs insofern nicht akzeptieren, als dass, neben dem Herunterspielen der Anliegen Schwarzer Menschen, auch das Diskriminierungsverbot gemäss Art. 8 Abs. 2 der Schweizerischen Bundesverfassung hier komplett ausser Acht gelassen wird.
«Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.»
(Art. 8 Abs. 2 BV)
Mit dem Rechtsbegriff rassistische Diskriminierung wird, laut der Fachstelle für Rassismusbekämpfung des Bundes, jede Praxis bezeichnet, die Menschen aufgrund physiognomischer Merkmale, ethnischer Herkunft, kultureller Merkmale (Sprache, Name) und/oder (realer oder angenommener) religiöser Zugehörigkeit Rechte vorenthält, sie ungerecht oder intolerant behandelt, demütigt, bedroht oder an Leib und Leben gefährdet.
Durch ihren Entscheid, rassistische Namen und Darstellungen in der Öffentlichkeit weiterbestehen zu lassen, sendet die Stadt ein klares Signal an ihre Bevölkerung. Dieses beinhaltet leider das komplette Gegenteil dessen, wofür sie auf ihrer eigenen Website wirbt einzustehen. («Die Stadt Zürich setzt sich für die Bekämpfung rassistischer Diskriminierung ein.»)
Wir fordern deshalb von der Stadt Zürich nach wie vor, dass sie sich dem Umgang mit dieser «Unbequemlichkeit» endlich stellt und einen Beitrag dazu leistet, dass Rassismus in unserer Gesellschaft – insbesondere auch von den Behörden – nicht weiterhin verantwortungslos reproduziert wird.
Denn wie bereits gesagt, führt die Beibehaltung solcher Relikte aus der menschenverachtenden Kolonialzeit unweigerlich zu einer Verharmlosung und Legitimierung von Diskriminierung und rassistischem Gedankengut in einer Gesellschaft.
Deshalb haben wir nun einen Offenen Brief an Stadtpräsidentin Corine Mauch geschrieben und darin unser Anliegen und unsere Forderungen erneut formuliert.
Hier geht’s zum Brief an Stadtpräsidentin Corine Mauch.
Darin erinnern wir die Stadtpräsidentin ausserdem daran, dass ihr Präsidialdepartement im Internet damit wirbt, dass aktuell Menschen aus 170 verschiedenen Nationen in der Stadt Zürich leben. Diese Vielfalt trägt massgeblich zur Attraktivität der Stadt bei, was wiederum zur Folge hat, dass Zürich dafür regelmässig weltweit gelobt und gefeiert wird. Entsprechend sollte es auch im Interesse der Stadtpräsidentin, sowie im Interesse aller Stadtbewohner*innen sein, wenn wir alles daranlegen, den Rassismus zu überwinden und uns zusammen für eine gemeinsame Zukunft ohne Diskriminierung engagieren.
Du teilst unser Anliegen und möchtest dieses unterstützen? Mach dein Umfeld auf die Situation aufmerksam und lasst die Stadtpräsidentin Corine Mauch in einem Bevölkerungsanliegen wissen, dass ihr auch die sofortige Umbenennung von Häusern mit rassistischen Namen sowie die Entfernung des rassistischen Wandbilds fordert.